4.3.1.8: Spamming

Durch die oben beschriebene Entwicklung des Web in Größe und Vielfältigkeit ist es ohne geeignete Suchmechanismen enorm schwierig geworden, Informationen zu einem bestimmten Thema zu finden. Es wäre natürlich wünschenswert, dass solche Suchmechanismen möglichst objektiv die besten Angebote zu einem Informationsbedarf liefern.

Außer den methodischen und technischen Problemen des Information Retrieval stehen dem aber auch eine ganze Reihe von Interessen der Anbieter entgegen, insbesondere das, möglichst viele Aufrufe des eigenen Web-Angebots zu erzielen. Gründe für dieses Interesse können bei Einzelpersonen Eitelkeiten oder Karriere-Interessen sein, bei wissenschaftlichen und öffentlichen Institutionen die Imagepflege und bei kommerziellen Anbietern Geschäftsinteressen. Aber auch die schlichte Überzeugung, selbst den besten Dienst anzubieten, mangelnde Kenntnisse über andere Dienste und Nutzendeninteressen, Unkenntnis der Beschreibungsmechanismen oder ein gegenseitiges "Wettrüsten" können dazu führen, das eigene Angebot vorsätzlich oder unbeabsichtigt nicht im Sinne einer objektiven Beschreibung für die Suche auszuzeichnen.

Suchsysteme sind natürlich geeignete Ansatzpunkte, wenn es darum geht, möglichst viele Besucher auf eine Web-Seite zu lenken. Dazu kann man versuchen, die eigenen Web-Angebote so zu gestalten, dass sie von Suchsystemen möglichst "gut" gefunden und bewertet werden. Was "gut" dabei genau heißt, ist in Bezug auf die Bewertung einfach zu beschreiben, wenn mit der Bewertung eine Rangfolge der Ergebnisse gebildet wird: Das Angebot soll in möglichst vielen Ergebnislisten möglichst als eines der ersten genannt werden. Was "gut" in Bezug auf das Finden heißt, ist schon schwerer zu definieren. Ist es für Anbieter wünschenswert, auch dann auf einer Ergebnisliste zu erscheinen, wenn das Angebot eigentlich gar nicht zum Informationsbedarf passt? Diese Frage muss wohl für verschiedene Angebote und verschiedene Zielgruppen individuell beantwortet werden - wie das ja auch außerhalb des Web, z.B. bei der Beurteilung von Werbung, der Fall ist, die ja häufig auch eher als störend empfunden wird. So fragt man sich ja oft, welches Interesse Immobilienmakler daran haben, Häuser und Wohnungen so ungenau und in der Regel geschönt zu beschreiben, dass ein Großteil der Nachfragen lediglich dazu dient festzustellen, aus welchem der zahlreichen üblichen Gründe ein Angebot nicht in Frage kommt. In der Regel könnte dieser Grund bereits kurz und einfach in einer Anzeige beschrieben werden.

Das Spektrum der Mittel, die verwendet werden, um eine gute Platzierung zu erreichen, ist breit. Es reicht von der guten Darstellung des eigenen Angebots bis zu Versuchen, Suchmaschinen auszutricksen, indem Seiten extra so gestaltet oder erweitert werden, dass sie in Suchmaschinen gut platziert werden, auch wenn die Inhalte der Angebote nicht zur Anfrage passen oder den Rangplatz rechtfertigen.

Dazu werden auch Hilfsmittel zur Strukturierung der Webinhalte missbraucht und damit teilweise wertlos gemacht. Dieses Verhalten von Anbietern wird (wie auch andere Formen des Missbrauchs des Web) als Spamming bezeichnet.

Neben diesen Spamming-Versuchen werden die kommerziellen Interessen vieler Anbieter von Suchmaschinen mehr und mehr dadurch berücksichtigt, dass sie sich die garantierte Aufnahme in die Suchmaschine oder auch die garantierte Platzierung unter bestimmten Stichwörtern bezahlen lassen. Das ist eine nicht unwesentliche Einnahmequelle der Suchmaschinen geworden. Werden Angebote von Suchmaschinen prominent angezeigt, weil dafür bezahlt wurde (paid placement), sollte das bei der Anzeige klar kenntlich gemacht werden. Das ist letztendlich auch im Interesse der Suchmaschinen, da sie sonst ihre Glaubwürdigkeit, einen "fairen" Dienst anzubieten, schnell verlieren.