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4.8.3: Archivierung

Eine weitgehend ungeklärte Frage stellt die Langzeitarchivierung von digitalen Objekten dar. Dieses Problem stellt sich zwar auch bei Papierdokumenten; während man dort aber im allgemeinen von Zeitspannen von Jahrzehnten bis Jahrunderten ausgeht, liegen die Zeitspannen bei digitalen Objekten eher im Bereich von Jahren, also mindestens um einen Faktor zehn niederiger.

Das Problem stellt sich auf mehreren Ebenen: Zunächst sind (und insbesondere waren) elektronische Datenträger nicht sonderlich langlebig; bei Magnetbändern kann sich z. B. die Magnetschicht lösen oder die Magnetisierung kann nachlassen. Dabei können - im Gegensatz zu von Menschen gelesenen Papierdokumenten - auch kleine lokale Störungen dazu führen, dass der Zugang zum Inhalt ganzer Dateien enorm erschwert wenn nicht unmöglich wird. Ein größeres Problem stellt aber das Lesen und die Interpretation der Daten dar: Ohne die notwendige Hard und Software ist im allgemeinen auch eine vollständig erhaltene binäre Datei nutzlos. So gibt es zur Zeit z. B. ein Forschungsprojekt, in dem versucht wird, die Kodierung von Lochstreifen, wie sie inden sechziger Jahren verwendet wurden, zu entschlüsseln. Auch diverse Datenbestände von frühen Raumflügen der NASA sind nicht mehr zugänglich. Im kleinen stellen sich diese Probleme bereits wenn z. B. Textverarbeitungsprogramme nicht mehr angeboten werden oder Speichermedien aus der Mode kommen.

Zur Lösung der Probleme gibt es mehrere Ansätze: zum einen kann man versuchen möglichst standardisierte Datenformate zu verwenden, deren Interpretation in den Standards festgelegt sind. Weiter kann man versuchen ausser den eigentlichen Daten auch die Hard- und Software, mit der sie gelesen werden können, zu erhalten. Schließlich kann man die Daten rechtzeitig in neue Formate konvertieren ( Formatmigration), von denen man hoffen kann, dass sie möglichst lange lesbar bleiben.

Alle drei Methoden haben offensichtliche Schwachstellen:

Standards schränken häufig die Ausdruckmächtigkeit ein oder sind so kompliziert, dass sie nicht wirklich erfüllt werden. Auch scheinen einige Softwarehersteller wenig Interesse an der Erfüllung von Standards zu haben.

Der Hard- und Software Archivierung sind Grenzen gesetzt: spätestens wenn der letzte Rechner kaputt geht, sind die Daten verloren. Hier geht ein wesentlicher Vorteil digitaler Archivierung verloren, nämlich der, dass (durch beliebige Kopierbarkeit) der Gebrauch der Objekte ihre Erhaltung nicht beeiträchtigt.

Die Formatmigration setzt voraus, dass die Beschreibung der Inhalte voll verstanden wurde. Das kann bei komplexen oder proprietären Formaten schwierig sein. Es muss vor der Konversion entschieden werden, welche Aspekte der Inhalte erhalten bleiben sollen. So sind z. B. ein Grossteil der frühen WWW Seiten nicht nur verloren, weil sie nicht archiviert wurden, auch das "Look and Feel" der Seiten, die noch erhalten sind, ist verändert, wenn sie mit einem andern Browser dargestellt werden.


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